Wolf Biermann (* 15. November 1936 in Hamburg), Liedermacher und Lyriker. Sein jüdischer Vater wurde als Kommunist während der NS-Zeit verfolgt und kam im KZ Auschwitz um, seine Mutter rettete sich und ihrem Sohn das Leben während der Bombardierung Hamburgs 1943.
Als überzeugter Jungkommunist siedelte Biermann 1953 in die DDR über und veröffentlichte ab 1960 erste Lieder und Gedichte. Wegen seiner offenen und scharfen Kritik an der real existierenden SED-Diktatur wurde über ihn 1965 ein Auftritts- und Publikationsverbot verhängt. In den Westen durfte er trotzdem reisen. Doch kurz nach seinem Konzertauftritt am 13. November 1976 in der Kölner Sporthalle wurde Biermann ausgebürgert und ging nach Hamburg zurück.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands setzte sich Biermann engagiert ein für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, insbesondere der Praktiken des Staatssicherheitsdienstes (StaSi).
Lew Kopelew lernte Wolf Biermann in Moskau Ende 1960er Jahre kennen, in der Wohnung einer gemeinsamen Freundin, Wilhelmine Slawuzkaja (1905 in Riga – 2005 in Köln), eh. Komintern-Mitglied, die 18 Jahre in Stalins GULag verbrachte. Als die Kopelews 1981 aus der Sowjetunion ausgebürgert wurden, befand sich Wolf Biermann bereits seit 1976 in Westdeutschland und zwar auch als ein Ausgebürgerter. Der Kontakt im Westen wurde zwischen den beiden rasch wiederhergestellt. Lew Kopelew schrieb am 2. März 1981: „Heute hat Wolf Biermann aus Hamburg angerufen und versucht, mich davon zu überzeugen, dass Hamburg die beste Stadt in Deutschland und überhaupt in der ganzen Welt sei und dass wir dort wohnen müssten.“
Als sich 1986 Biermanns „Kölner Konzert“ zum zehnten Mal jährte, notierte Raissa Orlowa in ihrem Tagebuch: „Im November 1976 war in Köln das berühmte Biermann-Konzert, nach dem er von der DDR ausgebürgert wurde. Ich sehe noch Ljowas gerötete Augen, als er damals nach Hause kam, nachdem er das Konzert bei einem Korrespondenten * im [west]deutschen Fernsehen gesehen hatte. ( … ) Wir treffen uns regelmäßig mit Wolf, wenn er nach Köln kommt oder wir nach Hamburg. Mehrmals hat er neue Lieder nur für uns gesungen.“
* gemeint ist der damals für die ARD in Moskau akkreditierte Journalist Fritz Pleitgen.
Raissa Orlowa / Lew Kopelew: Wir lebten in Köln. Hoffmann und Campe, Hamburg 1996