Lidija Tschukowskaja
Lidija Tschukowskaja mit ihrer Tochter Jelena FSO 01-3
Lidija Kornejewna Tschukowskaja (24. März 1907 – 8. Februar 1996), Literaturkritikerin, Autorin, Verfasserin von Erinnerungen an die Dichterin Anna Achmatowa.
Lidija Tschukowskajas Leben wurde von der Stalin-Ära geprägt: 1938 wurde ihr Mann, der Physiker Matwej Bronstein verhaftet und hingerichtet. Nach der nur kurz anhaltenden Tauwetter-Periode zwischen 1956 und 1963 zählte Tschukowskaja zu den ersten russischen Dissidenten, die ihre Stimme mutig für freie Meinungsäußerung und Menschenrechte erhoben haben. Durch ein langjährige Augenleiden fast erblindet, starb sie in Peredelkino (ein Schriftstellerdorf bei Moskau) im Hause ihres berühmten Vaters, des Kinderbuchautors Kornej Tschukowskij.
Lew Kopelew und Raissa Orlowa waren bereits seit den frühen 1960ern mit dem „Hause Tschukowskij“ beruflich und menschlich eng befreundet.
Raissa Orlowa über Lidija Tschukowskaja
( ... ) streng und zuweilen zornig konnte Lidija Kornejewna Tschukowskaja sein: ‚Ihr lebt wie auf einem Bahnhof – Lärm, ständige Unruhe, Hast. Es tauchen Gesichter auf – Freunde, Bekannte, ganz Unbekannte. Ich begreife nicht, wie ihr arbeiten könnt. Ihr wisst, dass ich am Vormittag nicht ans Telefon gehe. Ihr sollt an die Wohnungstür die Bitte hängen, man möge euch nicht vor fünf Uhr anrufen. Aber heute habt ihr Gäste aus Saratow, gestern aus Tbilissi und morgen kommt jemand aus Amerika… Nein, ein Schriftsteller darf so nicht leben.’
Dabei ist Lidija Kornejewna selbst fortwährend für Häftlinge eingetreten, hat gegen Verleumder protestiert. Aber jeder ihrer Briefe war die Arbeit eines Philologen. Wenn sie uns den Text gegeben hatte, schickte sie manchmal ihre Korrekturen sofort hinterher, sie ersetzte Worte, stellte Sätze um.
Schwer krank und fast erblindet, arbeitete sie unaufhaltsam trotz des Verbots ihrer Ärzte; sie arbeitete mit ganz starken Lupen und fand dennoch Gelegenheit, die Manuskripte ihrer Freunde zu lesen und sie pedantisch und streng zu redigieren. Unsere Manuskripte, die am Rand und auf angehefteten Zetteln mit Bemerkungen übersät waren, hüten wir wie einen besonderen Schatz.
Als Solschenizyn am 13. Februar 1974 verhaftet wurde, ging Lidija Tschukowskaja zusammen mit Andrej Sacharow zur Moskauer Staatsanwaltschaft, um herauszufinden, wo er sich aufhielt. Als Andrej Sacharow verhaftet und verbannt wurde, besuchte sie regelmäßig seine Schwiegermutter.
Aber eine Beteiligung an jeder Art von Organisationen, Gruppen und Redaktionskollegien ging sie entschieden aus dem Wege.
Raissa Orlowa / Lew Kopelew: Wir lebten in Moskau. Albrecht Knaus Verlag, München 1987
Bücher von Lidija Tschukowskaja
Стихотворения
Горизонт, Москва 1992
Gedichte
Horizont Verlag, Moskau 1992
Открытое слово
IMApress, Москва 1991
Das offene Wort
IMApress, Moskau 1991
Памяти детства
Воспоминания о Корнее Чуковском
Московский рабочий, Москва 1989
Zur Erinnerung an die Kindheit
Erinnerungen an Kornej Tschukowskij
Verlag „Der Moskauer Arbeiter“, Moskau 1989
Повести
Софья Петровна
Спуск под воду
Московский рабочий, Москва 1988
Erzählungen
Sofja Petrowna
Untertauchen
Verlag „Der Moskauer Arbeiter“, Moskau 1988
Записки об Анне Ахматовой
Книга I
1938 - 1941
«книга», Москва 1989
Aufzeichnungen über Anna Achmatowa
Buch I
1938 - 1941
Verlag Kniga (Buch), Moskau 1989
Записки об Анне Ахматовой
Том первый
1938 - 1941
согласие, Москва 1997
Aufzeichnungen über Anna Achmatowa
Band I
1938 - 1941
Verlag Soglasije (Übereinstimmung), Moskau 1997