Über die Kölner Bibliothek von Lew Kopelew und Raissa Orlowa
Die nach seinem Tod an die Kölner Stadtbücherei als Schenkung übergebene Privatbibliothek Lew Kopelews umfasst ca. 7.000 – 7.500 Bücher, vorwiegend in deutscher und russischer (aber auch in englischer, ukrainischer, polnischer, französischer) Sprache. Sie lässt sich nach folgenden Themen gliedern:
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Literatur (Prosa / Lyrik)
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Biographien / Erinnerungen
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Geschichte / Politik / Sachbuch
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Philosophie / Religion
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Raritäten
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Kunst
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Periodika
Als die Kopelews am 12. November 1980 von Moskau nach Frankfurt am Main flogen, kamen sie in die Bundesrepublik als Gäste mit zwei Koffern und in der festen Absicht, in ihre Heimat zurückzukehren. Ihre Moskauer Wohnung mit der umfangreichen und berufsbedingt wertvolle Raritäten enthaltenden Privatbibliothek blieb in der Obhut der Töchter, die ebenso den Glauben nicht verlieren wollten, dass ihre Eltern bald nach Hause kommen würden.
Am 21. Januar 1981 folgte doch die gefürchtete Ausbürgerung. In der Presseerklärung, die Lew Kopelew und Raissa Orlowa in Bonn abhielten, sagte Kopelew:
„Wir kamen in die Bundesrepublik, wie wir es in den ersten Tagen den Journalisten sagten, ganz privat, auf Einladung deutscher Freunde; wir kamen, um zu studieren, um zu sehen, um zu hören. Wir wollten uns keinesfalls irgendwie politisch betätigen. Denn wir wollten ja in einem Jahr zurückfahren, zu unseren Kindern, Enkeln, Freunden, in unser Moskauer Arbeitszimmer. Eben deswegen weigerten wir uns, uns politisch zu äußern, weil wir wußten, dass eine beliebige Äußerung böswillig mißdeutet werden kann. Und doch hat man uns ausgebürgert. Es soll heißen, dass wir keine Heimat mehr haben dürfen. Das ist so gemein wie dumm. Die Heimat bleibt mit uns, bleibt in uns, solange wir leben. Daß wir nicht mehr nach Hause kommen dürfen, ist wohl das Schlimmste, was wir uns heute vorstellen können. Aber es ändert nichts an unserer inneren Haltung.“
Die Kopelews wurden zu bundesdeutschen und zu Kölner Bürgern. In ihrer Kölner Wohnung wuchs die neue Bibliothek wider Erwarten und zur Freude der beiden schnell: russische Emigranten-Freunde aus den USA, Frankreich, England und westdeutschen Städten schickten Bücher und Zeitschriften in russischer Sprache. Die deutsch- und englischsprachigen Verlage sowie westliche Autoren, die mit den Kopelews Bekanntschaften und Freundschaften schlossen, beschenkten reichlich die neuen Freunde im Exil mit Büchern.
In der Zeit der Perestroika, als die Moskauer Töchter, Verwandte und Freunde die Kopelews in Köln regelmäßig besuchten, brachten sie jedes Mal einige Bücherexemplare aus den Beständen der kopelewschen Moskauer Bibliothek mit; sie wussten, welche Bücher besonders vermisst wurden und welche besonders am Herzen lagen, vor allem die mit Autorenwidmungen.
Im Jahre 1984, als die Kopelews ihre Kölner Wohnung in der Neuenhöfer Allee bezogen hatten, waren es bereits an die zweitausend Exemplare und 1997, nach dem Tode Lew Kopelews, bestand die Bibliothek aus ca. achttausend Büchern. Eine beträchtliche Anzahl der Bücher aus allen Themenbereichen ist mit – zum Teil bewegende Schicksale andeutenden – Widmungen der Autoren oder Verleger versehen.
Diese Internetseite bietet eine Auswahl von jenen Buchexemplaren an, die eine Geschichte über den Autor oder die Autorin, seine oder ihre Freundschaft zu Lew Kopelew und Raissa Orlowa erzählen. Zugleich ergeben diese einzelnen „Buch-Geschichten“ wie Mosaiksteine das Bild einer Epoche Europas in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, geteilt in West- und Ostblock, geprägt vom Kalten Krieg, aber auch vom Fall der Berliner Mauer und des sogenannten „Eisernen Vorhangs“.
Die virtuelle Bibliothek von Lew Kopelew wird kontinuierlich erweitert. Schauen Sie bald wieder hinein.
Dieses Projekt wurde gefördert durch die Kunststiftung NRW
und private Spender:
Dr. Mechthild Keller
Friedrich Karl Bänfer
Idee und Redaktion: Maria Klassen
in Kooperation mit dem
Archiv der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen und dem
Heinrich-Böll-Archiv, Köln
Gestaltung und technische Umsetzung: Thomas Prinzler